Kaufberatung

VW Golf I Cabrio (1979-1992) - 27.04.2005



 

Fit für den 2. Frühling, ein Relikt aus den Achtzigern, aber in Sachen Fahrspaß immer noch aktuell.

 

Karosserie

 

Was wurde nicht alles an Spott über dieses Auto vergossen: Erdbeerkörbchen oder Henkelmann. Knapp 26 Jahre ist das her, die Cabrio-Fans weinten dem gerade eingestellten offenen Käfer nach. Dabei konnte sein Nachfolger, der "luftgekühlte Golf" (VW-Werbeslogan), eigentlich alles besser: mehr Platz, bessere Sitze, mindestens 40 Prozent mehr Leistung – 70 statt 50 PS – geringerer Verbrauch.

Aber er hatte eben auch diesen Bügel hinter den Vordersitzen, der die Gemeinde entsetzte. Fest steht: Er sorgt für optimalen Gurtverlauf und Führung der Seitenscheiben. Und er steigert die Verwindungsfestigkeit der Karosserie – bei Cabrios mangels stabilisierendem Dach stets ein wunder Punkt. Weshalb wir von tiefergelegten Cabrios generell abraten: Harte Federn klopfen jede Karosserie weich. Die beim alten Golf recht stabil ist.

Es gibt modernere Konstruktionen, die schütteln sich heftiger auf schlechten Straßen. Und es gibt Autos, die rosten stärker. Ab Modelljahr 1986 wurde der offene 1er-Golf mit Rostschutz vollgepumpt, wie wir es vom extrem haltbaren Golf II kennen. Ganz ohne Korrosion geht bei einem mindestens zwölf Jahre alten Auto natürlich nicht.

Motor

 

Auch die Motoren gehören zur standfesten Sorte. Ernste Schäden haben Seltenheitswert, und den Normalbenzinern ohne hydraulische Ventilstößel (vor 8/85) kann noch nicht mal ein Zahnriemenriß etwas anhaben – sie bleiben dann einfach stehen. Trotzdem schadet regelmäßige Kontrolle des Riemens nicht, auch weil die Spannrolle gelegentlich festgeht.

 

Technik und Elektronik

 

Häufiger jedoch verliert der alte Golf Wasser. Oft aus undichten Pumpen, manchmal aus einem platzenden Ausgleichsbehälter. Weil nicht alle Modelle einen Wasserstandssensor besitzen, bleibt der Verlust oft unbemerkt – der Motor überhitzt. Wenigstens läßt sich Wasserverlust halbwegs preiswert reparieren, im Gegensatz zum Golf-allgegenwärtigen Ölverlust. In den seltensten Fällen ist es nur die Ventildeckeldichtung oder bei den stärkeren 1,8-Litern auch mal der Ölkühler-Thermostat.

Meistens sind es die Simmerringe an Kurbel- und Nockenwelle, die aufwendig ersetzt werden müssen. Und zwar bevor das Öl die Kupplung zum Rutschen bringt. Was auch passiert, wenn das Getriebe an der Eingangswelle leckt. Wenn also das Getriebe zum Abdichten ausgebaut ist, am besten gleich beide Dichtringe ersetzen. Das gilt auch für die Wellendichtungen der Antriebswellenflansche, die sich zum Glück bei eingebautem Getriebe erneuern lassen.

Dafür kann selbst so ein Veteran wie das 1er-Cabrio moderne Abgasnormen erfüllen: Das weitverbreitete 98-PS-Modell schafft mit Twintec-Kaltlaufregler sogar D3 (125 Euro plus eine Stunde Einbau), die 72- oder 90-PS-Vergasermotoren mit ungeregeltem Kat kommen mit dem Teil auf Euro1 (199 Euro, Info: www.twintec.de). Damit wird das Golf I Cabrio auf seine alten Tage noch wirtschaftlich, schließlich tendiert sein Wertverlust mittlerweile gegen null. Und wer weiß, vielleicht fährt es ja doch noch in die Herzen der Oldie-Freunde.

 

Historie, Schwächen, Kosten

 

Modellgeschichte 6/79 Einführung des offenen Golf als Nachfolger des Käfer Cabrios. 1,5 Liter/70 PS, oder 1,6 Liter/110 PS 7/82 1,8-Liter mit 112 PS ersetzt den 110-PS-Motor 8/85 1,8-Liter mit G-Kat, 95 PS. Servolenkung gegen Aufpreis 7/86 Modellpflege, 1,6-Liter/72 PS mit U-Kat, neue Ausstattungsversion Quartett mit breiten Stoßfängern und Sportsitzen 8/89 1,8-l-Kat-Motor nun mit 98 PS. Motoren ohne Kat eingestellt 11/90 Neue Ausstattungslinien Classic-Line und Fashion-Line 12/92 Produktion eingestellt.

 

Elektrik

 

Übrigens kennt der Golf I schon Elektronikprobleme: Der Hallgeber der Zündung verursacht gelegentlich Startprobleme, die dynamische Öldruckkontrolle quietscht ohne Grund Alarm, und wenn die Multifunktionsanzeige dummes Zeug aufs Display meldet, sind Außentemperaturfühler oder der Unterdrucksensor hinterm Tacho defekt. Schwachstellen

Antriebswellen rattern in der Kurve oder verursachen Unwuchten auch bei Geradeausfahrt. Betroffen sind gelegentlich auch die inneren Gelenke, oft defekte Manschetten. Ölverlust gehört zu den Hauptmängeln, Motor und Getriebe kleckern meist aus allen Ritzen. Teuer wird’s, wenn die aufpreispflichtige Servolenkung undicht ist – rund 700 Euro kostet eine Austauschlenkung, Korrosion ist nach mindestens einem Dutzend Jahren auf der Straße immer ein Thema, besonders betroffen sind Radläufe, Übergang Türschweller zur Karosserie-Verstärkung und die Verbindung Heckwand zur Reserveradmulde. Verdeck reißt oft an den Knickkanten ein. Die Außenhaut ist ab 400 Euro zu haben, Verdeck komplett inkl. Montage kostet ab 750 Euro

Reparaturkosten

Preise inklusive Lohn und Mehrwertsteuer am Beispiel VW Golf I Cabrio, 72 kW/98 PS, Baujahr 91. Ein wirtschaftlicheres Cabrio dürfte kaum zu finden sein, vor allem die Austauschteile werden bei VW traditionell zu fairen Preisen abgegeben.

Fazit und Modellempfehlung

 

Fazit "Niedriges Gewicht und durchzugsstarke Motoren machen eine Menge Spaß. Leider überwiegen im Angebot rollende Bastelbuden, gepflegte Erste-Hand-Exemplare sind in der Minderzahl. Unbedingt abzuraten ist von skurrilen Rad-Reifen-Umbauten und Tieferlegungen, die anfällige Struktur der Cabrio-Karosse wird dadurch unnötig weichgeklopft. Rost ist dagegen kaum ein Problem, eher schon der chronische Ölverlust an Motor und Getriebe."

Steuer/Schadstoffklasse

 

272 Euro im Jahr/Euro 1 Testverbrauch: 9,8 Liter. Werksangabe: 8,9 Liter (Normal) Versicherung: Vollkasko (19/500 Euro SB): 772 Euro. Teilkasko (26/150 Euro SB): 349 Euro. Haftpflicht (18): 917 Euro (Basis: R&V-Jahrestarife für Regionalklasse Hamburg, 100 Prozent) Inspektion/Kosten: 15.000 Kilometer, etwa 200 bis 400 Euro Wertverlust: Bei derart alten Fahrzeugen stark zustandsabhängig, gepflegte Exemplare aus dem letzten Baujahr 93 notieren mit 4000 Euro

 

Hendrik Dieckmann, AUTO BILD-Autor und Kfz-Mechaniker, Modellempfehlung VW Golf I Cabrio (72 kW/98 PS).